#########
#########
#########
#########
#########
#########
#########

Verantwortlich für diese Seiten:
Peter J. Gollnik,
Nierott 30,
24214 Gettorf;
Mail: buero@gollnik.net
Die hier veröffentlichten Texte sind urheberrechtlich geschützt

Angesehen und gelesen: "Stiche" von David Small

"...lernte ich bald, dass man ohne Stimme gar nicht existiert"

Es ist ein Rückblick, eine Autobiographie, der Versuch der Bewältigung einer ziemlich verlorenen Jugendzeit, einer verlogenen Erziehung, die Suche nach einer späten Erklärung dafür. Der Autor, David Small, Jahrgang 1945, etablierter Illustrator von Kinder- und Jugendbüchern, war mit 14 wegen einer Wucherung am Hals operiert worden, verlor dabei seine Stimme. Dass es Krebs war, das verschwiegen ihm seine Eltern; Krebs galt Vielen noch in den 50er Jahren als Makel, als Gebrechen, das Menschen zu unnützen Objekten herabstufte.

Wie Small das nun nach mehr als 50 Jahren aufbereitet hat, wird für manch anderen Betroffenen höchst ungewohnt wirken: "Graphic Novel", ein Roman in Bildern, nennt es der Verlag. "Comic" wäre in der Tat eine grundfalsche Bennenung, denn an Smalls Bilder-Biographie ist nichts witzig, nichts "comical" - das ist grafische Literatur. Man muss diese Bilder, die sparsame, lapidare Sprache langsam wirken lassen, sie vielleicht nach ein paar Tagen erneut zur Hand nehmen. Die Lebenslügen einer ganzen Generation finden sich dort; die Mutter: "Weil sie nie sagte, was sie dachte, wussten wir nie, was los war"; der Vater: "Paps ging nach der Arbeit in den Keller und drosch auf einen Punchingball ein, das war seine Sprache"; und: "Auch ich hatte gelernt, mich ohne Worte auszudrücken...krank werden, das war meine Sprache." Dann die OP, der Verlust der Sprache - "zurück in der Schule, zunächst wahnsinnig befangen, lernte ich bald, dass man ohne Stimme gar nicht existiert". Und: "Sogar unter meinen alten Freunden fühlte ich mich unsichtbar, ein Schatten, der am Rand jeder Veranstaltung flackerte." Schließlich der Weg ins Heute: "Die Kunst wurde mein Zuhause. Sie gab mir nicht nur meine Stimme zurück, sondern sie hat mir seitdem alles gegeben, was ich wollte oder brauchte."

Ein Buch, so richtig für den Weihnachtstisch, ein berührendes Werk; Katja Lüthge hat es in der "taz" so gewürdigt: "Wohl noch nie hatten wir nach dem Lesen eines Buches den einen innigen Wunsch: den Autor ganz fest in die Arme zu schließen." Besser kann man's kaum sagen.
-nik

David Small: Stiche, 324 Seiten, Carlsen Verlag, Hamburg, 2012, ISBN: 978-3-551-78695-1, 29,90 Euro. Bei Beschaffung und Kauf des Buches hilft Ihnen das Fachpersonal jeder guten Buchhandlung; Sie erhalten das Buch aber auch über eine ganze Reihe von Anbietern im Internet - einer davon ist Amazon.Hier geht's direkt dort hin.

*

Als David seine Stimme verlor

Und noch eine Graphic Novel - die bis Redaktionsschluss allerdings noch nicht in deutscher Übersetzung vorlag: "Als David seine Stimme verlor" von Judith Vanistendael. Das ist eine Auseinandersetzung damit, wie der Betroffene und seine Umgebung mit der Diagnose "Kehlkopfkrebs" umgehen. Als David erfährt, dass die Ärzte seinen Tumor für unheilbar halten, verschließt er sich zusehends; die Belastung seiner Familie, von Frau und Töchtern, wird schließlich schier unerträglich. Vorerst: Merken. Oder zur niederländischen Original- bzw. zur englischen oder französischen Fassung greifen.

Judith Vanistendael: When David Lost His Voice 256 Seiten, Harry Abrams Inc. ISBN-13: 978-190838546, Ca. 22 Euro.

Vanistendael: Toen David zijn stem verloor Bezige Bij, De, ISBN-13: 978-9054923367, ca. 25 Euro

Vanistendael: David, les femmes et la mort Le Lombard, ISBN-13 : 978-2803630249, ca. 38 Euro.

...und auch bei diesen anderssprachigen Ausgaben hilft Ihnen das Fachpersonal guter Buchhandlungen - oder Sie bestellen bei Internet-Versendern, wie z. B. Amazon; hier die englische Ausgabe, niederländisch - oder französisch