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Gelesen: "Der Kranke auf der Hebebühne" von Rainer U. Liersch u. Claudia Hübner

"Ich wäre wenigstens einmal gerne ein Mensch gewesen"

Sie: Krankenschwester, Jahrgang 1963; er: Autor und Regisseur, Jahrgang 1954, miteinander befreundet. Beinahe zur selben Zeit, so Ende 2007, hatten sie hören müssen, dass sich der Krebs bei ihnen eingenistet habe. Unmittelbar darauf begannen sie, jeder für sich, ihr Erleben, auch ihre Gedanken, aufzuschreiben - nicht mit Abstand, in Echtzeit.

Das ist subjektiv, manchmal brutal bis zum Anschlag, abwechselnd notiert - und aus sehr unterschiedlichen Sichtweisen.

Da ist die des Selbständigen, der die Knoten im Hals lange als lästiges Übel nach hinten verdrängt. "Nicht der gesundheitliche Aspekt stand bei mir im Mittelpunkt, sondern der soziale und berufliche", schreibt er das sehr früh auf. Der, voller Bitternis, ein "Rentner mit Mitte 50" zu werden nicht wahrhaben will.

Da ist die Fachfrau, die im deutschen Gesundheitssystem lange vor ihrer Erkrankung inmitten der über Kliniken, Ärzte und Pflegepersonal gekommenen Zwänge ihren Beruf ausgeübt hatte - und sich womöglich auch deshalb alternativen "Heilern", "Chakren", "Auren", "Pyramidenenergien" und "Heilsteinen" öffnet.

Gemeinsam ist ihnen, dass sie Apparatemedizin und Fließbandabfertigung erleiden müssen. Sie mit gerade noch einem Restchen im Beruf erworbenen Verständnisses für Kosten- und Termindruck, er ohne solche Hemmung, mit viel Selbstbewusstsein - und dabei ebenso machtlos.

Die "Hebebühne" erleben sie beide: Diese in der Höhe verstellbare Patientenliege steht für kalte Apparate-Medizin, unter der sie sich zur Nummer degradiert fühlen. "Bleibt die Frage, warum Krankenkassen, Sozialbehörden und der deutsche Staat Menschen in einer eindeutig belastenden Situation fast völlig allein lässt, resümiert Claudia Hübner. Und Rainer Liersch schreibt nach fast eineinhalb Jahren Herumgedoktere an sich: "Ich wäre wenigstens einmal gerne ein Mensch gewesen und nicht nur ein Fall". Ein paar Monate später dann an den Leser gerichtet: "Ich will, dass Sie ganz genau wissen, wie ich mich fühle, was ich fühle, und dass Sie fühlen, dass mir langsam alles über den Kopf wächst. Und ich will, dass Ihnen bewusst wird, wie man hier in Deutschland mit chronisch Kranken und Schwerkranken umgeht. Ich fühle mich wie der letzte Dreck..." Das war ein halbes Jahr vor seinem Tod.

Für den Klappentext ihres Buches hatten beide gemeinsam noch zuvor formuliert: "Wir hoffen, Denkanstöße geben zu können."
-nik

Rainer U. Liersch / Claudia Hübner: Der Kranke auf der Hebebühne 340 Seiten, 21,90 Euro (davon gehen 0,50 Euro an die Deutsche Krebshilfe). Books on Demand, ISBN: 9783839100202. Bestellung im Buchhandel oder im Internet über diesen Link.

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